27.04.10

Bericht von der Obstblütenwanderung 2010


Idylle aus alten Tagen: Beim Obstbauern Giese 2008

Bericht von der Plessower Baumblüte
Was einst mit 30 bis 40 und mehr Teilnehmern begann, endete heute mit ganzen 13 Interessierten. Der Abwärtstrend zu meinen Wanderungen während des Baumblütenfestes ist schon seit einigen Jahren zu spüren. Soll ich es heute auf das Wetter „schieben“, dass schlechter wiedermal angesagt war, als es wurde? An der „Blüte“ jedenfalls lag es nicht! Die war sehr reichhaltig, war – außer beim Apfel – voll im Gange. Auch der Kurs, bilde ich mir ein, ist ein besonderes schöner im Havelland, bietet doch der Uferweg am Plessower See ganz besondere Sichten. Überhaupt gehört dieser See zu den schönsten in Brandenburg.

Maiglöckchengrün und Buchenbuchstaben am Plessower See

Stimmung am Plessower See


Uralte Bäume und artenreicher Bestand sind kennzeichnend für seine Uferzone, die viele Kilometer durch Natur oder hinter den Grundstücken direkt am Wasser entlangführt. Freilich entdeckt man bei diesem Kurs manche Brache – noch stammend aus den Abholzungsaktionen der Plantagen 1991/92. Aber das gehört zur Geschichte der Landschaft einfach dazu, das möchte ich nicht umgehen. Auch nicht die alte Pflaumenplantage bei Kemnitz, die passiert wird, wenn man die Ruine der Burg Zolchow besucht. Beide, Ruine und Pflaumenfeld, sind im schlechten Zustand, werden nicht mehr gebraucht und warten wohl auf das endgültige Aus. Und beide sind doch so wichtig! Die Ruine, weil sie im mittelmärkischen Raum eine der letzten alten Wasserburgen ist, noch stammend aus der Kolonial- und Christianisierungszeit und ein alter Stammsitz des Geschlechts der von Rochow. Wenige Kilometer weiter trifft man in Plessow auf das Schloss der Familie. Hier lebte auch Hans von Rochow, der den Berliner Polizeipräsidenten Hinckeldey auf dem Gewissen hat - ihn zu einem unfairen Duell provozierte und dabei dann kaltblütig erschoss. Der nahe Pflaumenacker seinerseits erzählt von einer 100 Jahre jüngeren Geschichte: Dem „Pflaumenmusengpass“ in der DDR….Nach planwirtschaftlichen Erkenntnissen und wahrscheinlich mit staatlichem Druck wurden die Genossenschaftsobstbauern angehalten, dem mit dieser riesigen Plantage abzuhelfen. Als die staatlichen Zuschüsse dann wegblieben vor 20 Jahren, verwilderte die Anlage. Was sie allerdings nicht daran hindert, zu blühen… und einen netten Vorgeschmack zu geben auf die gepflegten Plessower Süsskirschen am „Panoramaweg“ 30 Minuten später. Tatsächlich, die Kirschen blühten – kilometerweit und aus voller Kraft – doch was nicht blühte, war das Geschäft.

Endlich unter Blüten (noch vor der Picknickenttäuschung...)
Die sonst so emsigen Obstbauern hatten keine Stände mehr, allenfalls am Wochenende ist wieder etwas mehr Leben zu erwarten. Selbst Bauer Giese, der, einem Geheimtipp gleich, wirklich mitten in den Blüten campierte, war fort. „Wegen Reichtum geschlossen!“…, wie der Berliner sagt? Nee, wohl eher wegen „Abweichender Linienführung“. Der „Blütenrundfahrt“-Bus fährt hier nicht mehr vorbei, nimmt nicht, wie sonst den Panoramaweg. Und selbst, einen Kilometer weiter, wo der Bus noch traditionell hält, war nur e i n kümmerlicher Stand im Zweifraunbetrieb (Bauer Lindicke) zu finden. Dort gab es ausverkaufsartig noch zwei Sorten Kuchen und ein paar Schmalzstullen mit Fett aus Metro-Markt-Büchsen (nichts mehr mit „Hausgemacht“… ). Dazu natürlich Kaffee oder Obstwein. Eine meiner Wanderinnen beschrieb die Atmosphäre treffend mit „wie beim Karnickelzüchterverein“.
Aber das war vor ein paar Jahren wirklich anders. Da mag besseres Wetter gewesen sein, war vielleicht Sonntag und waren die Berliner noch leichter zu begeistern, aber es war wirklich Jahrmarktsluft unter den Kirschblüten! Da waren Freuden, gute Laune, originelle Ideen und vor allem war´s außergewöhnlich. Der Landmann – und besonders der märkische Landmann – neigt dazu, das einmal für gut Befundene beizubehalten. Um die Berliner als Gast zu behalten, reicht das sicher aber nicht. Wie abschreckend muss das heute auf die gewirkt haben, die zum ersten Mal hier waren! Und am Wochenende, wenns bei guten Wetter viel zu voll ist – mittlerweile auch hier draußen in Plessow – kann das auch sehr abschreckend sein. Dem abzuhelfen, tönt es jedes Jahr lauter aus dem Werderaner Rathaus, müsse das Blütenfest 1. mehr dezentralisiert werden, müssen 2. auch die Werktage mehr genutzt werden.
Aber bei Lichte gesehen, erleben die, die werktags kommen oder bei Nichtsonnenschein oder die, die weit heraus wandern, ein immer weniger festliches Gesicht des Blütenfestes. Da ist man und frau ziemlich sparsam mit der juten Laune. Und wenn dann der Blütenrundfahrtsbus leider nicht rund fährt, sondern wann und wo lang er will – sprich, es Zufall ist, ob man ihn bekommt – wird das nicht mehr akzeptiert wie in den guten Jahren als der Blütenrundfahrtbus noch etwas Besonderes war und man eben die zweite Runde klebrigen Weines trank, wenn er ausblieb oder überfüllt war.
Ich jedenfalls habe einfach zwei Großraumtaxis aus Werder bestellt, um zum Bahnhof zu kommen (03327 40000!) die waren schneller und nicht teurer als der blöde Blütenbus.


Alter Obstgarten in Plessow