06.03.09

Gedanken und Bilder zum Ausflug am 6. März 09

Kostbare Klöster Brandenburgs - St. Paulikloster der Stadt





Das Kiez am Paulikloster - nur wenige Artillerietreffer löschten es im April 45 aus.


Wieder habe ich mir einen Ausflug ausgedacht, der mich selbst sehr interessierte… und der mir heute auch viel Spaß gemacht hat (aber meist verdiene ich nicht viel bei solchen Gelegenheiten ...). Natürlich das Wetter an diesem Freitag war trüb und es ging lang in den Abend – was viele Berliner nicht mögen. Aber, ich denke, trotz kleiner Gruppe, es hat sich gelohnt.
Die Idee war, mit einer doppelten Nutzung an diesem Tag die Renaissance des Brandenburger Dominikanerkloster zu würdigen. Deshalb wollte ich das Angebot des Brandenburger Theaters für diesen Abend wahrnehmen, das an diesem neuen, zurückgewonnenen Ort der Stadt Veranstaltungen anbietet. Der Nachmittag begann aber damit, was jetzt primär an diesem einstigen Ort des Gebets, der Seelsorge und der Theologie getrieben wird: Archäologie.








Krankheiten auch im Mittelalter: Einst ein "Wasserkopf"
Der sich dieser Tage in Berlin und Brandenburg neu formiernde "Auftritt" der Ur- und Frühgeschichte bewirkte auch die Entdeckung dieses Kloster und schuf die neue und neuartige Ausstellungsstätte des Landes Brandenburg – das „Archäologische Landesmuseum“. Ich hatte gewissermaßen als Einstand hier um eine Führung gebeten – die uns dann heute auch persönlich durch den wissenschaftlichen Leiter Dr. Kossian gegeben wurde. Das war besonders interessant, weil er uns bewusst oder unbewusst an seiner Perspektive als Verantwortlicher für den Aufbau des Museums teilhaben ließ und wir sozusagen mit ihm in den Prozess des Ausstellen einstiegen (das Museum ist noch nicht vollständig, es dauert noch bis Juni). Aus 6 Millionen (unglaublich) archäologischer Objekte in den Archiven müssen die vielleicht 300 Exponate des Museums ausgewählt und zusammengestellt werden…. Wobei der Arbeitsbereich zeitlich gesehen von den Anfängen der menschlichen Besiedlung Brandenburgs bis in die Zeit nach dem 2. Weltkrieg reicht. Ein ungeheures Arbeitsfeld! Und unser Land ist reich an Fundstätten und Fundstücken, wie wir erfuhren.








Kapitell aus der Krypta des Brandenburger Bischofsdomes
. Die Berlin nächstgelegene Stätte der Romanik.
Trotz des anhaltenden Regens war die kleine Ausflugsgruppe bereit, einen Stadtspaziergang mit mir zu machen. Angespornt wählte ich die längere Wegvariante, was uns zwar Kontakt mit einem weiteren wiedergewonnenen Stadtmilieu – der Umgebung des Altstädter Rathauses - brachte, aber natürlich auch an der Konstitution nagte. An der Katharinenkirche vorbei führte ich den Kurs auf der "Jahrtausendbrücke" über die Havel, vorbei an dem Stadtmuseum, auf den Altstädter Markt, wo glücklicherweise in das Rathaus – über Jahrhunderte nicht genutzt - wieder Teile des Stadthauses eingezogen sind. Der Höhepunkt des Ganges war ein kurzer aber prägnanter Besuch im Dom. Immer wieder bin ich begeistert von seinen Details im Inneren, vor allem von der Unterkirche im Chor mit ihren in Berlins Umgebung einmaligen spätromanischen Säulen und Kapitellen. Gegenüber den Mühlen, die massemächtigen Nachbarn des Domes, hatte ich in einer für mich neuen Gaststätte reservieren lassen. „An der Dominsel“ – mit großer Glasfläche direkt an der Mühlenhavel. Das Essen war gut, die Bedienung freundlich und wir kamen pünktlich zum Paulikloster zur Lesung. Leider begann die erst um 19.3o Uhr und hatte eine Pause im Abendverlauf, was natürlich für die Berlinrückfahrer problematisch ist.










Publikum im Kreuzgang
Aber vor allem muss gesagt werden, dass es eine schöne Idee ist, hier im Kloster, im Kreuzgang Publikum einzuladen! Wohl bemerkt, im Kreuzgang, nicht in der Klausur. Beheizbar, weil die Fenster zur Klausur verglast sind, gute Akustik, angenehmes Licht und originelle Spielaufstellun. Lesende und Musiker im Winkel zweier Gänge, gewissermaßen in zwei Richtungen kommunizierend. Stühle in zwei Gängen aufgestellt, ohne dass sich die Zuschauer in den Kreuzgangflügeln sahen oder hörten. In der Pause konnten wir durch die matt beleuchteten Kreuzgänge schlendern - mit faszinierenden Blicken auf Kloster und Kirche. Auch die Lesung selbst enttäuschte nicht: Frau Wiegmann interpretierte eine der fesselnden Sternstunden-der-Menschheit - Reportagen von Stephan Zweig („Flucht in die Unsterblichkeit“). Dazu hatte sie sich eine kleine begleitende Performance mit Knopfakkordeon und Perkussion auserkoren. Hier lag für mich Kritik und Genuss dicht beieinander, denn ich hätte gerne mehr und Gleichberechtigtes von diesen Musikern gehört (Melanie Barth und Johannes Gebauer), statt mehr oder weniger Untermalung. In Melanie Barths Armen schien mir ein Akkordeon endlich einmal das, was es sein kann: Ein wunderbares Instrument, vielfältiger perlender Klang, warm, losgelöst von Balgenatmung und Mechanik. Sie und ihr „Scandalli“- Akkordeon (!) waren so ungefähr zu 7,5% ausgelastet, schätz ich.

"Scandalli" im Kloster - Melanie Barth und ihr Knopfakkordeon
Die Fahrt nach Berlin mit dem Regionalzug
zwischen Magdeburg und Frankfurt/Oder ging flott
und angenehm.



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