04.11.08

Kleine Reise nach Erfurt - 1. bis 2. 11. 08

Bilder von unterwegs

Die Kapitelle der Peterskirche, vom Kornboden aus...


Krämerbrücke von Brückenkirchturm aus


Fotos: Scheddin
Neue alte Wohnwinkel an der Gera

Mit 14 Berlinern habe ich ein nebliges, gutgelauntes und ereignisreiches Wochenende in Erfurt gehabt! Die Sorgen wegen Zug-Chaos der Bahn waren (zufällig) unberechtigt. Wir sind schnell und bequem gefahren. Erfurt, das ich sicherheitshalber einen Tag zuvor allein besucht hatte (hab so viel vergessen in den Jahren seit dem letzten Besuch), ist auch im November eine Reise wert… Die Menschen und die Kirchen aufgeschlossen, die Stadt in einem schönen sanierten Zustand. Auch moderne Gebäude. Nicht so viel Leerstand, wie ich es anderswo schon in sanierten Städten gesehen habe. Am Schluss haben wir errechnet, dass wir in 19 Kirchen, Klöstern und Kapellen waren. Doch ich bilde mir ein, es war dennoch nicht langweilig – denn recht unterschiedlich sind diese Stätten hier, wie es auch ganz verschiedene interessante Stränge der Stadtgeschichte gibt. Allem voran ist Erfurt für mich eine Lutherstätte. Hat hier viele Jahre studiert, ist hier ins Kloster eingetreten, hat an der Universität gelehrt, immer wieder in den Kirchen gesprochen. 500 Jahre hat es so einen Menschen nicht wieder gegeben in Deutschland…
Zweitens ist Erfurt eine Bürger- und Handelsstadt, war extrem reich, unbestrittenes Zentrum des Färber-Waid-Handels.
Drittens hat das Mainzer Erzbistum hier seine überdeutlichen Spuren hinterlassen im Guten wie im Bösen, war das Erfurter Bistum doch ein Teil von diesem mächtigsten deutschen Kircheninstrument. Das brachte die Stadt immer wieder in den Mittelpunkt der Weltpolitik – zuletzt wohl beim Fürstentreffen 1808, das Napoleon veranstaltete.
Und ein weiterer interessanter Punkt in der Stadtgeschichte sind natürlich die Gelehrten Herren und Politiker rings um die Klöster und die Universität. Aber auch außerhalb dessen: Hat sich doch 1891 hier der erste wissenschaftliche Parteitag der SPD ereignet und das erste Programm angenommen. Und – wie ein spätes Nachwehen – hier begann im Bahnhofshotel der Prozess der Wiedergewinnung der deutschen Einheit mit zwei Parteigenossen – Willy Brandt und Willy Stoph.
Auch für das Leibliche war in der Stadt gut gesorgt. Selten so gut gegessen…(Tip: Gasthof zur Feuerkugel an der Krämerbrücke!) Das Hotel lag 10 Straßenbahnminuten außerhalb (Erfurt auch Stadt der Straßenbahn!), war aber in allem okay. Große, saubere Zimmer, gutes Abendessen und ausreichendes Frühstück. Auch für Einzel- oder Familienreisen durchaus zu empfehlen (Hotel Vilna im Stadtteil Rieth)
Die Museen der Stadt allerdings waren an diesem Wochenende in einem eher dürftigen Zustand. Das Kunstmuseum im Mainzer Packhof noch ersatzlos bis 2010 geschlossen, das Stadtmuseum reduziert, das Barfüßer-Kirchenkunst-Kloster zwar geöffnet, aber nicht betretbar.
Bleibt vielleicht noch die Frage, was mich am meisten beeindruckte.
Der Petersberg. Der Hügel vor der Altstadt mit Zivilisation seit den Merowingern. Von Generationen zu einer Festung umgebaut, diese in den letzten 40 Jahren stückweise restauriert. Und mitten darin eine der größten und ich denke einst sicher die bedeutendste romanische Klosterkirche, Tagungsort großer Fürsten- und Kirchentreffen. 1813 von Preußen in Brand geschossen und dann als Militärmagazin umgebaut. Frevel, doch interessant anzuschauen: Dort in den Kornmagazinen sind heute große Kunstausstellungen und Stadtaktionen!