02.04.08

Nachtrag zum Orgelausflug in die Niederlausitz - 31.3.08

Die Silbermann-Straße, Teil I


Orgelklang in Großkmehlen

Als ich vor drei Jahren die letzten Wochen in Dresden wohnte, beschäftige mich, wie so oft, ein Wortspiel. Könnte man nicht, statt die sattsam bekannte "Silberstraße" durchs Erzgebirge eine SILBERMANN-Straße kreieren - gewidmet diesem großen mitteldeutschen Orgelbauer Gottfried Silbermann?! Wieder in Brandenburg lebend, beschloss ich, zunächst mit Brandenburger Orgel zu "üben“. So entstanden meine Dorfkirchen-Kleinstadtorgel-Touren. Sie erfreuten sich eines gemächlich, doch stetig steigenden Interesses. Sozusagen als Übergang zu einer reinen Silbermann-Tour war dann die „Silbermannstraße I“ am vergangenen Montag gedacht. Die Klammer des Kurses bildeten zwei Orgelkunstwerke der berühmten Werkstatt dieses großen Meisters aus Freiberg. Zwei seiner Orgeln haben sich in heute brandenburgischen, aber ehemals sächsischen Orten erhalten: Im Kreis Elbe-Elster. In L e b u s a nahe Dahme/Mark und in G r o ß k m e l e n bei Ortrand, nur 40 km vor Dresden. In der Vorbereitung merkte ich schnell, dass ich durch die Fülle der Instrumente anderer Werkstätten z w i s c h e n diesen beiden Orten überfordert sein würde. Denn klar war, dass ich keine „reine“ Silbermanntour machen möchte, weil dann u.a. zu viele Kilometer zu „fressen“ wären.

Katholische Kirche GroßräschenIch wandte mich an einen ausgewiesenen Spezialisten für die Niederlausitzer Orgellandschaft: Familie Bönisch. http://orgelklang.de/ Herr Bönisch Senior stellte nach meinen Rahmenvorstellungen den Kurs zusammen und Herr Bönisch Junior begleitete uns am 31. März zu den Orgeln. Diese Zuhilfenahme erwies sich als Glückgriff, denn sowohl die Korrekturen meiner Vorstellungen in der Vorbereitung, als vor allem auch die Erklärungen und das Orgelspiel durch Albrecht Bönisch (jun.) auf den Stationen dann am Montag waren goldwert. Wir fuhren bereits ab Südkreuz mit eigenem Bus – wie so oft ab Berlin mit der meiner Lieblingsbusfirma „Gegenwind“ – und hatten ab Luckau die Begleitung durch Albrecht Bönisch. Der war nicht nur auf die vier im Programm befindlichen Orgeln vorbereitet – er kannte auch alle weiteren rund 300 (!) Instrumente der Niederlausitz und wusste Kluges zur Landschaft und Geschichte, war auch sattelfest in jeder Kirche. Interessant war, dass er uns die Instrumente nach ähnlichem Schema vorstellte (die Register mit Klangbeispiel, ein Orgelstück von Francesco Antonio Vallotti, und eine eigene Improvisation auf ein jeweils wechselndes, bekanntes Kirchenlied) – so dass wir sehr gute Vergleichsmöglichkeiten hatten und die jeweilige Individualität der Instrumente und des Kirchenraumes besser aufnehmen und verstehen konnten.


Vor der Kirche Lebusa...
Wie gesagt, begannen wir mit der relativ kleinen Dorfkirchenorgel in Lebusa, das eine attraktive Barockkirche und ein imposantes ehemalige Wasserschloss besitzt. Das waren eigenartige Parallelen zum anderen Silbermannorgel-Ort Grosskmelen, wo das Instrument auch in einer im Barockzeitalter August des Starken durch den Patron neu gebauten Kirche steht. Und dieser, ein Herr von Lüttichau, wohnte in einem benachbarten großen (Renaissance)Wasserschloss. Beide Orgeln hatten für mich einen besonderen und schönen, reichhaltigen Klang - wie ich es auf meinen Touren bisher noch nicht empfunden hatte. Doch auch die beiden Instrumente dazwischen boten nicht nur Abwechslung - auch Kultur- und Musikgenuss! Das war nach Lebusa die Dorfkirchenorgel in Frankena von der Familie Schröther kurz vor 1800 gebaut und in der Stadt Großräschen die Nehmlich-Orgel (Dresden) in der Katholischen Kirche – ein modernes Instrument eingebaut in die Altarwand nach dem Entwurf eines Innenarchitekten und Künstlers aus den 1970er Jahren. Beide Kirchen sind seit Jahren Veranstaltungsorte für Brandenburger Konzerte und bieten auch in diesem Jahr besondere Höhepunkte (siehe Kulturfeste.de). In Frankena übrigens steht keine Barockkirche, sondern das Typische der Gegend, die im 12. und 13. Jhd. von Deutschen besiedelt wurde: Eine Feldsteinkirche. Besonders groß, schön und saniert. Am Kirchhof waren gerade die Störche angekommen und ich entdeckte einen Flieder"baum" - den dicksten Fliederstamm, den ich je sah. In diesem von Franken einst gegründeten Ort gibt es einen typisch sächsischen Erbgerichtshof als Gaststätte. Das Essen war gut und die Wirtin hat, trotz sicher stressiger Berliner Gruppe, gute Laune verbreitet.
Fotos: Scheddin
Albrecht Bönisch an der Orgel in Frankena
Für den Sommer werde ich bestimmt mit Bönisch Senior und Junior eine neue Orgeltour zwischen Luckau und Doberlog/Kirchhain vorbereiten!