13.03.07

Nachtrag zum 12. März 07

Zuhörn in Zeuthen
Grabtafel für Gerhardts Töchterchen

Kantorin Christine Borleis stellt die Hollenbach-Orgel vor
Dorfkirchenorgelfahrt
Anlässlich Paul Gerhardts 400. Geburtstag im Raum Königswusterhausen-Mittenwalde.
Der Kurs: Eichwalde, Zeuthen, Hoher Lome, Wildau, Königs Wusterhausen, Motzen, Mittenwalde, Ragow, Walterdorf, Schulzendorf, Eichwalde.
Eine Kirchenorgelfahrt – jeder der etwas Ähnliches zu organisieren vorhat, sei gewarnt – braucht in der Vorbereitung viel Zeit, Geduld und Fingerspitzengefühl. Das ist so was wie eine „Veranstaltungs - Meisterprüfung“. Denn kaum etwas ist so verschieden, wie eine Orgel von der anderen. Folglich wird kein Organist jede Orgel spielen. Und jede Orgel klingt auch anders, kann etwas anderes und tatsächlich kann nicht jeder Spieler etwas aus ihr herausholen, dass Bemerkenswert ist. Und nicht jeder Kantor weiss etwas über sein Instrument, dass über das Allgemeinwissen hinausgeht. Und nicht jede Orgel ist gesund oder heil. Die meisten sind kränkelnd.
Nicht jede Orgel steht in einer sehenswerten oder einer heilen Kirche. Nicht jeder Pfarrer ist an der Orgel interessiert. Nicht jeder Pfarrer verträgt sich mit dem Organisten. Nicht jeder Organist kennt den Nachbarorganisten.
Nach einer nicht enden wollenden Vorbereitungszeit (ich veranstaltete die 3. Orgelfahrt dieser Art) stand am Schluss, 12 Stunden vor Premiere, die Absage eines Kantors aus gesundheitlichen Gründen. Gerade dieser – Herr Wahrnat – war mir natürlich wichtig gewesen, denn er war in der Region über Jahrzehnte eine wichtige Gestalt der Kirchenmusik (Gründer des „Kantatenchores“) und der einzige, der tiefgründiges über die neue Orgel von Waltersdorf gewusst hätte und ich konnte so schnell nicht an Wissensmaterial heran. Und da in der Kirche auch kein Zettel auslag und der Pfarrer an diesem 400. Geburtstag von Gerhardt leider auch nicht anwesend war, blieb vieles an dieser wohlklingenden kleinen Dorfkirchenorgel ein Geheimnis.
Gespielt zu unser aller Trost hat sie jedoch jemand: Herr Burkard Fritz aus Eichwalde, der auch den Schlüssel besorgt hatte und uns schon zum Beginn der Fahrt in der Eichwalder Kirche die Orgel mit viel Temperament vorgestellt hatte.
2. und 3. Station waren dann Zeuthen und Wildau mit ihren romantischen Orgeln hinter originellen „jugendstiligen“ Prospekten in einer z.T. vollständig erhalten Jugendstilmalerei des Kircheninneren. Etwas ganz Besonderes, dass von meinen Gästen auch mit „Ah“ und „Oh“ quittiert wurde. Vorgestellt hat uns beide Instrumente mit virtuosem Können Kantor Finke.
Anschließend in Königs Wusterhausen gab es kein Konzert, denn die Orgel ist am Ende und wird im demnächst saniert und restauriert. Wir haben dennoch in die wichtige Kreuzkirche geschaut – einen Blick geworfen auf den Prospekt dieser einstigen alten Schlosskirchenorgel von Berlin und auf den Altartisch vom Schloss Oranienburg, die beide durch die Hohenzollern in die Kirche kamen. Die waren hier fast 250 Jahre die Patrone.
Gutgelaunt rauschten wir die nächsten Kilometer bei bestem Wetter weiter gegen Süden nach Motzen. Kehrten zunächst zum Mittag ein im Restaurant des Residenz-Hotels. Großes Kompliment für die Qualität der Speisen und des Services! Nachmittags stellte uns Frau Borleis, die Kirchenmusikerin von Mittenwalde, die Motzener Dorfkirche und ihre kleine aber feine Hollenbach-Orgel vor. Frau Borleis war es an diesem Tag, die von sich aus betont an Gerhardt erinnerte und auf mein Angebot einging, aus seinem Geburtstag etwas Besonderes zu machen. Ein Faltblatt lag bereit, extra für uns gedruckt, mit Noten und Texten seiner berühmten Lieder. So waren wir nicht nur Zuhörer und konnten mitsingen.
Danach lud sie uns im nahen Mittenwalde in die Moritzkirche ein. Leider konnte auch hier der Pfarrer, sozusagen der Nachfahre von Paul Gerhardt, der hier in den 1650er Jahren Probst bewesen war, nicht anwesend sein. Der vielen Mittenwalde-Besuchern gut bekannte Kirchen- und Stadtführer Herr Fischer wird leider nie wieder seine profunden und originellen Kenntnisse über die Moritzkirche weitergeben können – er ist im vorigen Jahr verstorben.
Frau Borleis stellte uns auf der Grüneberg-Orgel (Stadt Brandenburg) einige Bachkompositionen zu Gerhardt-Texten vor und hat so die große Kirche der kleinen Stadt für einige Minuten zum Leben erweckt…
Die Kantorin begleitete uns dann noch ein kleines Stück des Wegs bis zur Paul-Gerhardt-Kirche in Ragow, deren Orgel einen besonderes Klang besitzt, da die Pfeifen noch die originalen sind (eine hochwertige Zinnlegierung) – nicht für den Krieg eingeschmolzen wurden, wie die meisten des ehemaligen Kreises Teltow.
Ich hoffe, meinen 30 Gästen, die vom Busbetrieb „Müller-Reisen“ aus Blankenfelde sicher durch die hiesige Notte-Dahme- Landschaft „kutschiert“ wurden, war dieser Ausflug ein gutes Erlebnis in einer Reihe von Paul-Gerhardt-Ehrungen, die nun in unserem Land begonnen haben. Trotz der Mühe und der hohen Pannengefahr will ich gerne die nächste Dorfkirchenorgeltour in Angriff nehmen!