18.03.07

Nachtrag zum 10. März 07


Im der Ruine des Grauen Klosters...

Kirchen, Klöster und Kapellen 10.3.2007

Die Führung durch Berlins älteste Gebäude anlässlich des bevorstehenden 400. Geburtstags von Paul Gerhardt verlief gerade deshalb recht kompliziert.... Denn da auch andere sich auf diesen Geburtstag vorbereiten, bestand nicht allzuviel Bereitschaft und Möglichkeit, uns Betretung einzuräumen. Die Universität räumt diese sowieso nicht ein, wie man mir erklärte. Dort ging es um die Besichtigung der restaurierten Heiliggeistkapelle. Die Sektion Wirtschaftswissenschaften ist zukünftig Sonnabends geschlossen. Niemand im Haus! Es wird gespart. Wer die Kapelle besichtigen will, kann dies Donnerstag von 12 bis 13Uhr. Punktum!
Die Marienkirchen war, entgegen der Ankündigungen des Kirchenbüros, völlig geschlossen. Es stand auch keine Erklärung am Brett. Wer ums Haus ging, konnte am Hintereingang auf die Wache des ZDF stoßen, die das Gotteshaus zum Hochsicherheitstrakt erklärten.
Die nächste Station allerdings war "besetzt". D.h. ein Mitglied des Klosterkirchen-Vereins war für uns vor Ort und schloss das Tor auf, welches zumindest im Winter die Ruine der Franziskaner sichert. Dass wir mir sehr wichtig! Denn hier hing am 2. Pfeiler links die sog. Gerhardt-Kanzel. Überhaupt scheint mir die direkte Art und Weise der Gerhardtschen Lieder am besten in Berlin in diese ehemalige Klosterkirche zu passen. Wenn man sie sich unzerstört vorstellt. Viele Leute des alten Berlins lobten dieses Kirchenraum, hielten ihn für den stimmungsvollsten der Stadt (Fontane). Ahnen kann man das nur noch im Chor, dessen 7/10 eines Zehnecks hoch aufragen und einen eigenen lichtdurchfluteten Raum ergeben. Seltsam, dass wir diese Kirche nicht wieder aufbauen wollen.... andere Städte machen es uns vor.
Die Nachbarkirche, die Parochialkirche, die allerdings erst 30 Jahre nach Gerhardts Berliner Zeit entstand, war leider auch entgegen der Absprache mit dem Pfarrer, verschlossen, so dass wir den schönen Raum dieser Nehring-Schöpfung nicht erlebten. Doch die Kirche bietet, eingebettet in einen Rest alten Berlins und auf ersten Gemeindefriedhof auch von außen viel. Besonders interessant fand ich es, hier die Grabplatte des wichtigen reformierten (böhmischen) Gelehrten Jablonski zeigen zu können. Wie Gerhardt war auch er eine wichtige Gestalt in der Berlin-Brandenburgischen Religionsentwicklung. Er bewirkte z.B. die freundliche Aufnahme der böhmischen Hussitennachfolger in Rixdorf.Schlusspunkt nach fast 3 Stunden war unsere alte, ehrwürdige Nikolaikirche, Begräbnis und Versammlungsort der großen, vornehmen Geschlechter. Bedauerlich, dass sie keine Kirche mehr sein darf und dem Märkischen Museum unterstellt ist. Als sei ihre Zeit abgelaufen, dient sie anderen Zwecken. Wie oft in den letzten Jahren waren Ausstellungs.-Aufsteller vor die ureigenen Inventarien gestellt - und ich hatte Mühe, z.B. das großartige Grabmal von Schlüter für die Eheleute Männlich vorzustellen!
Heute war ich froh, überhaupt "einen Blick hineinwerfen zu können"! Denn seit Wochen ist die Kirche verschlossen, weil eine Paul-Gerhardt-Ausstellung in Verantwort der Stiftung Stadtmuseum vorbereitet wird. Das erfuhr der Besucher erst am Kirchentor. Im Internet war diese Schließung nicht angegeben. Und ich frage mich auch, warum konnte diese Ausstellung nicht etwas früher eröffnet werden, so dass zum Wochenende des Geburtstags die Museumskirche zugänglich ist? Immerhin war dies der eigentliche Ort des Schaffens von Gerhardt - hier war er der in seiner Zeit wohl bekannste und beliebteste Pfarrer und Prediger. So populär, weil gleichzeitig Schöpfer inniger, neuer Kirchenlieder, die den Zeitgenossen in der schweren Aufbruchszeit nach 3o Jahren Krieg Kraft und Zuversicht gaben. Hier an dieser Kirche spielte auch die berühmt gewordene und unvergessene Episode Gerhardts mit seinem Kontrahenten dem Großen Kurfürsten, der den orthodoxen Lutheranern Toleranz in Form einer verdünnten Liturgie vorschreiben wollte.
Dass wir übrigens dennoch für einige Minuten in die Kirche - mitten im Ausstellungaufbaufieber - kamen, verdanke ich Dr. Winkler, dem Leitung der Abteilung Geschichte in der Stiftung, der uns persönlich hinein- und hinausließ. Ich bin gespannt auf die Resonanz dieser Ausstellung - und überhaupt: Was wird Paul Gerhardt in seinem runden Jubiläumsjahr uns bringen?