19.02.07

Nachtrag für Sonnabend, 17.Februar 2007


immer gut besucht: Nikolaikirche

Eingangstreppenhaus der Musikhochschule

Malerei im Gewandhaus: "Die falschen Töne" (Heidrun Hegewald)

Musikstadt Leipzig
Obgleich ich Leipzig kenne, war ich sehr gespannt auf diesen Ausflug. Ich hatte es mir auch nicht leicht gemacht mit der „Spezialisierung“, im Besonderen die Musikstadt vorzustellen. Das ist zeitaufwendig und wenn in der Stadt dann für den „Rest“ wenig Zeit bleibt, bekommt das Leipzig gar nicht gut. Denn das Großstadtflair in Sachsens City entfaltet sich nur, wenn man Zeit hat und nicht hektisch ist. Hektisch sind die Sachsen zwar auch, aber die haben ja Zeit.
So ist es für den ersten oder einen der ersten Besuche hier am Besten, sich gleich vorzunehmen, noch mal wiederzukommen.
Und diesen Gedanken habe ich von meinen Gästen auch mehrmals vernommen.
Immerhin waren das 27 Personen – und es wären viel mehr gewesen, wenn ich nicht schon vor Tagen einen zweiten Termin am 17. März aufgemacht hätte.
Mein Programm war übersichtlich. Erste Führung meinerseits durch die Innenstadt mit dem außermusikalischen Schwerpunkt „Geschichte“ und Messe. Es macht bei jedem Wetter Spaß, durch die alten und neuen Messehöfe, die Passagen und Durchgänge zu gehen. Mit zum Vormittag gehörte ein Besuch in der Nikolaikirche (wo leider die Orgel nicht geprobt wurde), der seine Wirkung nie verfehlt, denn zum absolut originellen Kircheninneren gesellt sich die Vorstellung, dass von hier die Umgestaltung Deutschlands vor 18 Jahren ausging….
Seltsam berührte mich dann der Zustand des Universitätsareals. Die Gebäude aus der DDR vernachlässigt, das Neue unentschlossen, das Kommende nicht angezeigt. Der Streit um den Aufbau der Pauli-Kirche wirft seine Schatten… . Ich kann mir nicht vorstellen, wie hier so schnell ein neuer würdiger Universitätshauptbau entstehen soll. Das Andenken aus den sozialistischen Zeiten will man offensichtlich nicht mehr, er erinnert sehr an den sinnlosen Verlust eben dieser Kirche, der einstigen Dominikanerklosterkirche, die über 400 Jahre Universitätskirche gewesen war. Aber Abreissen ist in Leipzig Alltag. Ich habe das zu zeigen versucht. Baugeschichtliche Verluste während des ganzen 20 Jahrhunderts - nicht nur im Krieg und in der Nachkriegszeit! Erstaunlich ist nur, wie gut die Stadt diese Aderlässe immer wieder und immer noch verkraftet… Doch nicht etwa gerade durch sein Flickenkleid so anziehend und lebendig scheint…!
Mittags, als 2. Tagesordungspunkt hatten wir vor dem Essen in Auerbachs Keller eine betriebsinterne Besichtigung im echten Fasskeller, dort wo der Student Goethe eingekehrt war und später die Erlebnisse im Faust einarbeitete. Es wurde eine frische, nette Führung geboten und auch das Essen in der Großgaststätte „Auerbachs Keller“ fand ich sehr gut (Preis akzeptabel, beides: pro Person 15 €).
13 Uhr saßen wir dann schon in der anderen berühmten Kirche. Auch sie war einst keine Stadtkirche, sondern Teil eines Augustinerklosterstifts. Dort werden seit dem 13. Jahrhundert Chortraditionen gepflegt und das führte zu Weltberühmtheit. Leider hatte der Thomanerchor Ferien. Dennoch durften wir einer Probe lauschen für das abendliche Konzert, aber eben ohne den Schülerchor.
Der zweite Stadtgang dann führte durch das Petersviertel am Rathaus vorbei. Schade ist, dass dies am Wochenende zu hat. Dieser Ort hat eine so große Bedeutung… dass man eigentlich nicht vorbeigehen kann. Hier hat Martin Luther, noch gemeinsam mit Karlstadt das erste und wegweisende Streitgepräch gehabt: Mit dem Universiätstheologen Johannes Eck.
Mein Kurs führte dann am einstigen Reichsgericht vorbei in den Campus der Gründerzeit. Hier befindet sich bis heute die Hochschule für Grafik und Buchkunst und die Musik- und Theaterhochschule, die Nachfolgerin von Deutschlands erstem Konservatorium – gegründet von Mendelssohn-Bartoldy. Flankiert werden beide von der Universiätsbibliothek.
Alle drei Einrichtungen in einem Top-Zustand; die Musikschule mit einem modernen Konzertsaal ergänzt und der halbrunde, kriegszerstörte Lesesaal der Bibliothek tatsächlich endlich gebaut…!
Der weitere Weg führte aus diesem Kiez wieder heraus in Richtung „Gewandhaus“ – wobei auf dem Wege das Mendelssohn-Bartoldy-Museum lag. Wir hatten nicht mehr die Zeit für einen Besuch und natürlich konnte ich auch in den wenigen Stunden die Schuman-Gedenkstätte nicht besuchen.
Dafür erlebten wir eine recht spritzige Führung durch das Gewandhaus und haben auch die Kunstwerke im Foyer kennengelernt. Mich hat dabei nicht nur Deutschlands größtes Deckengemälde fasziniert, auch einige der aus DDR-Zeiten stammende Werke auf den Gängen waren von ungebrochener Kraft.
Musikalischer Höhepunkt war dann die traditionelle „Orgelstunde“ um 17 Uhr, die den Tag abschloss. Es spielte eine zierliche Frau, Absolventin der der Prager Musikhochschule zwei obligate Bachstücke und dann ¾ der Stunde recht moderne Orgelwerke aus Böhmen, die so recht die Macht und Klangfülle des Instruments (Schuke-Orgel…) bewiesen.
Rückfahrt mit dem ICE erstaunte mich weniger ob ihrer Schnelligkeit, mehr durch die Ruhe und Sanftheit auch bei Spitzengeschwindigkeiten.