24.11.14

Bericht "Böhmische Dörfer"


am Freitag, 14. 11. 14
Das Martinsfest 2014 in Novawes war gut gesucht.

Führung im alten Ortskern von Babelsberg. Mit 17 Teilnehmern habe ich eine für mich (jedenfalls) interessante Führung machen können. Seit einigen Jahren habe ich hier keinen Termin mehr angesetzt, nachdem in den 90er Jahren mancher geführte Spaziergang von Novawes in den Babelsberger Park auf dem Programm stand.  Diesmal nun   n u r  Novawes ... und das einstige Dorf Neuendorf, das ja auch nichts andere heißt als Novawes und umgekehrt. Doch beide führten bis ins 20. Jahrhundert ein Einzeldasein  ganz im Gegensatz zur heutigen Integration nach Potsdam. Doch sieht jeder Besucher auf den 1. Blick den Unterschied zur alten Residenzstadt und auch den zwischen dem alten deutschen und dem einst böhmischen Neuendorf.
Die einst böhmische Kirche mit dem seltsamen Namen "Friedrichskirche"


Das Weberviertel heute: bunt, saniert und auch schön.

Die Rück- und Hinterseiten der Weberhauszeilen erweisen sich als orginell bebaut.

 Im beiden Teilen und also im später so getauften  Babelsberg saß die Industrie und so also auch die Arbeiterklasse und das Kleinhandwerk, auch ein paar Bauern und auch ein wenig Bürgertum.  Dahinter an den Ufern des Griebnitzsees begannen wieder die Nobelviertel. Novawes - in beiderlei Gestalt - drohte nun nach der Wende ganz ins Abseits zu geraten oder gar - wie es DDR-Pläne gab - mit Plattenbauten ersetzt zu werden.  Mit viel Geduld und sicher auch unternehmerischen Geschick und gutem Geld ist jedoch dieser andersartige Potsdamer Stadtteil in den letzten 12 Jahren um- und aufgebaut und auf eine verblüffende Art erhalten worden. Nichts scheint mehr da vom Problemviertel, alles saniert und gleichzeitig erweitert und also weiterentwickelt. Dies war rein technisch vor allem möglich, weil die alten Weberhäuser an den breiten Straßen von Novawes riesigen Gärten haben. Nachdem hier schon im 19. Jahrhundert teils Kleinindustrie, auch eine Webfabrik, angesiedelt wurde, war diese Reserve nun der Schatz der Stadtsanierung. Hier konnten in Gartenatmosphäre neue Häuser gebaut werden, die in Summe mit den sanierten Weberhäusern ein lebenswertes Ensemble geworden sind. Leider aber und folgerichtig führte die Sanierungsmaßnahme auch zur Verdrängung manches Babelsbergers, der hier im Billigwohnraum Zuflucht gefunden hatte - wogegen nun ein neues wohlhabenderes Klientel nach Babelsberg zieht (wer und was ist eigentlich "wohlhabend"?... mir scheint, allmählich ist schon der Normalfall "wohlhabend" , nämlich wenn in der Familie Frau und Mann eine auskömmliche und dauerhafte Arbeit haben). 
Das letzte nicht sanierte Haus in der Mühlenstraße hat einen letzten Protestanten.

Die alte Böhmische Schule. Das Auto gehört nicht dem Lehrer, sondern womöglich dem neuen Eigentümer.

Zu diesem interessanten Thema hinzu kam bei dieser Führung die Möglichkeit einiges Besondere von Potsdam/Babelsberg zu zeigen:  Das ehemalige DEFA-Dokumentar-Filmstudio z.B. und die orthopädische Klinik des Oberlinhauses.
"Weberpassage" ein Neubau an der Garnstraße.

Auch das zu finden im Weberviertel: Bürgerlicher Wohlstand mit Jugendstil-Stil...

 Auch aus der Geschichte trifft dieser Gang auf Beeindruckendes und Anschauliches: Ein Malermeister hat in der Mühlenstraße die Geschichte von Novawes an die Hauswände gemalt. Ein Brache an der Nuthe-Schnellstraßen-Baustelle erweist sich als Friedhof des Militärwaisenhauses,  eine Kiez-Gaststätte hat eine proletarische Vergangenheit, ein Verein verwaltet einen Kirche....
Der Eingang des Heims der Taub-Blinden im evangelischen Oberlinhaus.
Die neue Schule des Oberlinhauses in Babelsberg, auf dem Gebiet der Webersiedlung.

Nächster Termin dieser Führung - in leicht veränderter Form, nämlich mit einer Kaffeepause und mit mehr Innerbetretungen und damit etwas länger und kostspieliger folgt am 6. Dezember.
 Hospitalkirche der Oberlinstiftung.  Engel aus der Jugendstilzeit. Ein Hauptwerk von Heinrich Wefing.


In der Kirche auf dem Dorfanger von Neuendorf/Babelsberg. Sie stand kurz vor dem Abriss, nun wird sie zu Hochzeiten, Versammlungen, Vorträgen, Konzerten und Führungen genutzt. Auch Gottesdienste finden wieder statt.
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Fotografien: Uwe Scheddin
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