15.02.09

Bericht Kleine Reise "Gotha-Arnstadt" - 14./15. 2. 09

Thüringens kostbare Städte
Mühlburgburgbergrodeln
Etwas geschafft aber glücklich (weil alles geklappt hat) bin ich von dieser Reise zurück.
Die Zugfahrt nach Thüringen dauert nicht allzu lang und wir waren schnell in einer wirklich anderen Welt. Dazu mag auch sehr der schöne, saubere Neuschnee beigetragen haben, der über beiden Reisetage in der Wintersonne glitzerte. (Kaum wieder in Berlin, begann es trübe zu werden, weiter zu schneien). Aber ich denke, vor allem war es der besondere Charakter dieser einst „adligen“ Residenzstädte. Was in DDR-Zeiten keine Rolle spielen durfte, ist nun 20 Jahre nach der Wende ein wichtiger Faktor. Nicht nur im Tourismusgeschäft, offensichtlich auch für das Selbstbewusstsein der Bewohner dieser Regionen (denen ja viel an Industrie und Wertschöpfung „weggenommen“ wurde in den letzten Jahrzehnten…). Ich hatte für beide Städte eine Stadtführung bestellt. Sie waren wirklich nicht teuer, aber nur die in Arnstadt war wirklich gut. Ich finde es wichtig, auf diese Weise Kontakt zu haben mit der „Bevölkerung“ – andererseits wird man oft sehr oberflächlich, touristisch angefasst (so fragte uns der Guide in Gotha gleich am Anfang, ob wir aus West- oder Ostberlin sind….! Gerne hätte ich gewusst, was dann bei der Führung anders gesagt worden wäre für Ost- oder Westberliner. Aber wir waren wie immer gemixt und dazu standen auch alle vehement). Fast zwei Stunden wurden wir durch das alte Gotha geführt und haben einiges Wichtige und einiges Unwichtige zu Häusern und Gassen erfahren - hörten manches Interessante zu berühmten Gothaern. Wir haben in kein einziges Gebäude hineingeschaut, das wurde nicht einmal probiert, was immer etwas schade ist. Die einstige Augustiner-Klosterkirche, die immerhin die frühbarocke Stadtkirchen-Ausstattung unter Ernst dem Frommen vollständig in ihren Mauern hat, haben wir nicht einmal von Außen gesehen. Aber da habe ich Mitschuld. Ich werde mir angewöhnen, die Wunschpunkte der Führung aufzuschreiben – das hat auch den Vorteil, dass bei den Auftragnehmern geahnt wird, da kommt jemand mit Anspruch und vielleicht sogar mit Vorwissen.

Am Gothaer Hauptmarkt angekommen
Das allerdings war, ehrlich gesagt, bei uns eher nicht der Fall. Ich liege wahrscheinlich richtig mit meiner Konzeptionsidee, dass die Städte Thüringens und ihre Kostbarkeiten wenig bekannt sind in (West und Ost…) Berlin.
Dass der eigentliche Schatz Gothas (wie im Märchen) in einem Schloss ruht, erfuhren wir auf kaum steigerbare Eindringlichkeit am Nachmittag. Übrigens war auch das Mittagessen oben auf dem Schloss, im „Pagenhaus“ sehr gut!
Auch für das Schloss, die einstige Residenz der Gothaer Ernestiner, hatte ich eine 2-stündige Führung gebucht – vor allem, weil die Sammlungen dieser Herzöge einst weltberühmt waren und weil es galt, das meines Wissens älteste deutsche Theater (in Originalzustand) gründlich zu besichtigen. Geführt wurden wir ausführlich und charismatisch vom Leiter der Öffentlichkeitsarbeit. Das ist natürlich immer schön, zu spüren, dass da aus einem wirklichen Wissen- und Erfahrungsschatz geschöpft wird, beim Erzählen und Erläutern – und wer ein bisschen dramaturgisches Gespür hat, bei dem wird’s auch spannend, wie in diesem Fall. Wir erfuhren auch viel über die Sammlungsstücke hinaus – über das Schicksal der Kunstwerke nach dem 2. Weltkrieg, über Ankaufstätigkeit nach der Wende, über die Öffentlichkeitsarbeit der Zukunft, um das „Barocke Universum“ ( ein Schlagwort der Führung) publik zu machen, mit den Pfunden zu wuchern, die Gotha hat. Leider hatten wir, nach dem wir durch die vielen hochinteressanten Räume gegeistert waren, für das Theater zu wenig Zeit. Ich hätte zu gerne die uralten erhaltenen Mechanismen der Bühne und Unterbühne gesehen (und so eine Führung hatte ich bestellt) – aber das Haus wurde geschlossen um 17 Uhr. Dennoch war sowohl der Eindruck des Theaters, als auch der Sammlungen auf mich ein wirklich großer, um nicht zu sagen, gewaltiger. Ich habe beispielsweise noch nie an e i n e m Ort so viele, so stilistisch und inhaltlich unterschiedliche Cranach-Gemälde gesehen. Und natürlich sahen wir das Gothaer Liebespaar…


Aus der Herzoglichen Sammlung: Kaminwand mit Indianerin und Krokodil
Unterkunft nahmen wir in der Pension „Regina“.
Abendessen – natürlich in der „Weinschenke“. Dieses urige Restaurant mit seinen vor Alter schwarzen Holzverkleidungen und einer traditionellen Thüringer Küche, muss man einfach kennen gelernt haben.

Am Sonntagmorgen fuhren wir mit Grossraumtaxen (ein Segen, dass es sie gibt, so ist man mit kleinen Gruppen äußerst flexibel) Richtung Arnstadt.
Fotos: Scheddin
Verstecktes Detail am Bachdenkmal: Die rechte Hand spielt auf imaginären Tasten
Da aber das Wetter wieder sehr sonnig zu werden versprach, fuhr ich nur bis Mühlberg, eine große und in der Region sehr bekannt Dorfgemeinde innerhalb der „Drei-Gleichen-Gemeinde“ sozusagen die Perle. Die schönste, weil romantischste der drei (sich gleichenden) Burgen steht hart am und hoch über dem Dorf. Wir wagten uns den verschneiten Burgweg aufwärts und kamen wohlbehalten hinauf und hinunter. Herrlicher Blick ins Land! Und die Burgruine von so zauberhaft malerischer Wirkung – das harte Ritterleben ganz vergessen machend…
Die letzten Minuten vor der Weiterfahrt (nun mit Arnstädter Taxen) nutzen wir, um die anderen Highlights des Ortes kennenzulernen: Die Kulturscheune, das Rathaus, die großen Eigenhöfe und natürlich die Kirche mit einer wunderbar freundlichen Barockausstattung.
In Arnstadt dann begannen wir die Stadtbekanntschaft mit einem Mittagessen. Im wohl ältesten Gasthaus der Stadt (und Arnstadt selbst ist die älteste Stadt Thüringens!) – der „Goldenen Henne“. Sehr guter Mittagstisch, schnelle, freundliche Bedienung! Die nachfolgende Führung hat mir besonders gut gefallen, weil wir mit der offensichtlich stadtbekannten Dame in unsere Mitte überall freundlich und mit Hallo begrüßt wurden. Man kann sagen, w e n n wir Leuten begegneten, kannten die unsere Führerin und freuten sich über unseren Besuch. Aber die Stadt wirkte menschenleer, still – aber keinesfalls öde. Hier zauberte nicht allein der Schnee, der freilich viel zum Zauber beitrug, es waren auch die schönen Thüringer Häuser, die ausgewogenen Proportionen von Straße, Haus, Tür, Fenster, die frischen Farben der Sanierungen.
Und glücklicherweise konnten wir hier gleich in drei Kirchen schauen! Die waren sehr unterschiedlich und somit sehr anschaulich. Ein ehemalige sehr schmale, lange Klosterkirche zur Stadtkirche einst umgestaltet, dann die berühmte Liebfrauenkirche, der man das Vorbild, die Naumburger Bischofskirche (Uta und Eckehard) gut ansieht und schließlich die äußerst schlichte „Bachkirche“, die aber die Bachorgel (zumindest ihren Prospekt) im Original desto besser präsentiert, denn sie ist selbst ohne ihren großen ideellen Gehalt (die Orgel des jungen J.S. Bach gewesen zu sein) das Prächtigste der Kirche.

Zum Schluss wieder ein Schloss. Besser ein Palais. Das Schloss, die Burg ist schon Jahrhunderte verfallen, da sich das Geschlecht derer von Reuß in Sondershausen eingerichtet hatte. Erhalten ist sozusagen die Stadtwohnung dieses einflussreichen Geschlechts, das „Witwenpalais“. Berühmt ist es heute vor allem durch „Mon plaisir“ die barocke Puppenstadt. Eingerichtet hat sie - als ein volkskundliches Dokument ihrer Zeit - die Fürstin Auguste Dorothea. Doch gleichwertig sind auch anderen Sammlungen der Reuss` in diesem Haus – zum Beispiel die Sammlung asiatischen Porzellans. Typisch sicher für Barock, aber hier ist alles am originalen Ort, in einem echten Porzellankabinett und vollzählig erhalten!
Den Tagesabschluss bildete ein Kaffehausbesuch… auch der war keine Enttäuschung. Das „Kleine Waffelstübchen“ hatte wirklich sehr gute (natürlich frisch zubereitete) Waffeln, auch einen Super-Schokoladentrunk.

Die Rückfahrt mit der Bahn, auch das muss erwähnt werden, war pünktlich und angenehm. Sehr freundliches, professionelles Zugpersonal….