15.10.10

Bericht von der Masurenreise 2010

Der Hotelsteg am Lampatzkisee - Foto Scheddin

Neun (9) recht gut zu einander passende Reiseteilnehmer, das wieder wunderbare „Hotel im Park“ und bestes sonniges Herbstwetter haben diese Wanderreise für mich zu einem Höhepunkt werden lassen. http://masuren-hotel.de













Erster Morgen vor dem Gutshaus (Hotel im Park) - Foto Scheddin

Es war nicht immer leicht, die etwas unterschiedlichen Interessen unter ein Hut zu bringen – aber letztlich, so schien es mir, haben wir gemeinsam viele der vielen Möglichkeiten genutzt – und dennoch auch das Gefühl von „Ausruhen“ gehabt. Für die meisten war dieser Teil Polens so gut wie unbekannt oder ein Besuch war lange her. Erstaunlich ist sicher für den Besucher, was alles sich hier (wie auch anderswo in Polen) verändert hat. Der Wohlstand ist deutlich gestiegen, viel wird gebaut, auch und vor allem an Straßen, die Menschen sind offener, sind freundlich-selbstbewußt. Ein Wehrmutstropfen ist allerdings, dass sich das Bau und Siedlungsgeschehen nicht ohne nachteilige Auswirkungen auf das Natur- und Landschaftsbild Masurens gestaltet. „Zersiedlungen“ nehmen auch hier leider unnötig zu. Nicht so sehr für klotzige Hotels, wie vor Jahrzehnten in Südeuropa, sondern eher für Eigenheime.













Kopernikus und Thorn -
Foto Scheddin


Ich versuchte, bei unseren Touren beide Seiten zu zeigen: Das große Naturreservoir Masurens und die Geschichte der Kultur in dieser Landschaft, auch die der Gegenwart. Ein Schwerpunkt war natürlich die alte ostpreußische Vergangenheit, der Blick auf die Tätigkeit des „Deutschen Ordens“, doch die Spuren sind mancherorts so verweht und die Eindrücke des Tourismus so gegenwärtig, dass es für einen Reiseführer viel Kraftaufwand bedeutet, die alten Zeiten lebendig werden zu lassen.
Bereits auf der Hinfahrt ab Poznan mit dem eigenen kleinen Bus meiner quasi Partner-Firma Limba-Trans hatten wir Gelegenheit uns umzusehen. Vor allem eine Pause in der Altstadt von Thorn konnten wir für einen Spaziergang nutzen. Mit dem letzten Licht des Tages waren wir dann – 100 km vor dem Hotel – auf den Schlachtfeldern von 1410 und 1914 bei Tannenberg bzw. „Grundwald“, wie es in Polen heißt.
Am Sonnabend galt es, wenig Bus zu fahren und die ausgezeichnete Umgebung von Sorkwity/Sorquitten gestattet das mühelos. Wir wanderten in der Bilderbuchlandschaft (Seen, Hügel, Wälder, Felder, Dörfchen) des Oberlaufs der Krutina und besichtigten anschließend das Schloss (keine Ordensburg!) und die evangelische Kirche in Sorquitten. Der Abend gehörte, wie an jedem der Masurentage, vor allem der hoteleigenen Gaststätte. Die sorgte mit origineller Küche, täglich 2x angeheiztem Kamin, gepflegten Getränken, wirklich gemütlicher Atmosphäre und vor allem einem uns geradezu umsorgenden Personal – auch beim jedem Frühstück! – für einen bleibenden Eindruck.













Nachtfröste in Masuren (Hotelpark) - Foto Scheddin

Mit Hilfe der mir schon seit einigen Jahren vertrauten und liebenswerten Katarzyna von der Rezeption und Geschäftsführung gelang es am Sonntag ein Schiff ausfindig zu machen, mit dem wir einen Teil der gewaltigen Großen Seen Masurens „erobern“ konnten. http://zeglugamazurska.com/ In wärmender Sonne fuhren wir auf großem gechartertem Motorschiff von Lötzen durch den Löwentinsee nach Schimonken am Masurischen Kanal, wo uns der Limba-Bus wieder abholte und auf die Burg in
Rhin für eine kleine Besichtigung brachte. Dann













Limba-Trans und Fahrer Lech in Krutyn - Foto Scheddin http://www.limbatrans.com

starteten wir entlang des Talter Sees eine Wanderung bis in den Abend. Für Nikolaiken oder Sensburg blieb keine Zeit mehr…. Aber nach dem Abendessen war Zeit für eine kleine, hier im „Hotel im Park“ schon traditionelle Lesung aus „So zärtlich war Suleiken“ von Siegfried Lenz.
Der Montag, nach einer wieder eher kurzen Busfahrt, brachte neben Naturerlebnissen weiteren literarischen Kontakt.
Die älteste Kiefer Polens im Naturpark "Königskiefern" - Foto Scheddin

Wir besuchten das Kindheitshaus Ernst Wiecherts – das Forsthaus in Kleinort -und nach der besonders gelungenen Wanderung am Muckersee entlang und zu den inneren Dörfern im „Landschaftspark Masuren“ kehrten wir im Gasthaus „Jagdhaus Galkowo“ mit dem „Salon Marion Dönhoff“ ein. Hier gab es außer Rast und Speis und Trank auch Kontakt mit der berühmten Masurin, denn ihre Kollegin Renate Marsch-Potocka und ihr Sohn Alexander Potocki erinnern nicht nur mit dem Namen für ihr Gasthaus an die Gräfin, auch mit zahlreichen Fotos, Bildern, Dokumenten, einigen original Gegenständen und vor allem Büchern. Besonders aber durch das Gespräch mit Frau Marsch und die Führung durch dieses ganz besondere Haus (das wiederaufgebaute Jagdhaus aus dem Lendorf-Gut in Steinort) war uns ein ganz besonders inniger Moment dieser Masurenfahrt geschenkt. http://www.galkowo.pl/

Im "Salon Dönhoff" (mitte-hinten, stehend: Renate Marsch-Potocka) - Foto Scheddin
Nach dem Abendessen stand noch einmal „Geschichte“ (und Geschichten) auf dem Programm: Wir erlebten einen Abend mit Herrn von Kalckstein, der aus der Historie und Literatur Ostpreußens vortrug.
Am Dienstag nun wollte ich, angeregt durch die Begegnung im Salon Dönhoff, mit einem Besuch in Steinort anschließen. Wir besuchten auf dem Tageskurs zunächst das stille Rössel mit seiner Burg aus den Zeiten der mächtigen Bischöfe des Ermlandes und bestaunten die für dieses ..vom Turm der Bischofsburg auf Rössel geschaut. - Foto Scheddin
Städtchen gewaltige Stadtkirche mit ihrem wunderbaren Frührenaissance-Kristall-Gewölbe.
Nicht weit entfernt stößt der Reisende auf die berühmteste (und aktive!) Wallfahrtskirche Ostpreußens die „Heilige Linde“, wo wir allerdings nicht bis zum Orgelkonzert blieben (was ich später bedauerte…). Auf dem Kurs nach Osten folgt nun Rastenburg, das zwar im Krieg schwer zerstört wurde, aber seine alten gotischen Bauwerke bewahrt hat. Vor allem imponiert mir die einmalige Wehrkirche der Stadt mit ihrem Turm, der gleichzeitig ein militärstrategisches Objekt war – ein Wachturm, weit ins Land warnend. Unentdeckt in den Wäldern von Rastenburg wurde im letzten und gleichzeitig furchtbarsten Krieg, den dieses Land erlebte, eine Bunkerstadt gebaut. Ihr Name „Wolfsschanze“ ist weltbekannt.
Führerhauptquartier, Führerbunker, Innerer Kern - Foto Scheddin

Wir besuchten diese bleibende Trümmerstätte dieses Krieges und einstige Brutstätte ihrer Strategen. Schnell wird deutlich, was man schon immer wusste, dass sich hier nicht nur Hitler oder ein Hitler und seine Offiziere, sondern eine ganze Regierung einbetoniert hatte, um den Osten Europas zu überfallen. Ein wenig „bedeppert“ verlässt man immer diesen Ort. Unvorstellbar bleibt das Geschehene. Die authentischen Trümmer ringen mit der duftenden Herbstnatur und den lärmenden Touristen…. Anschließend die mühselige Busfahrt – schlechte, schmale Straßen – nach Steinort lohnte sich nicht. Nicht einmal das Restaurant hatte geöffnet, das Schloss der Lendorfs immer noch im galoppierenden Verfall. Bei der Rückfahrt hatten wir das Glück, in die Abendröte hineinzufahren und genossen die Blicke auf den inselreichen Mauersee.
Mauer-See - Foto Scheddin

Unser letzter Ausflugstag nun galt Sensburg und Nikolaiken, die wir je mit einem Stadtspaziergang beehrten. Aber dazwischen war Gelegenheit für zwei kleine Wanderungen. Die erste am Iks-See nach Kosewo und die letzte dann durch ganz einsames und verlassenes Gelände an den Spirdingsee. Dieser größte See Polens ist gar nicht so leicht zu erreichen, bzw. zu betrachten, denn durch eher flaches Gelände und einen breiten Schilfgürtel versteckt er sich meist. Wir fanden jedoch eine passende Uferstelle, um sich eine Vorstellung von seinem riesigen Umfang zu machen.
Allenstein, Park an der Alle - Foto Scheddin
Zwei Herren mit sieben Damen in Allenstein - Foto Scheddin

Leider mussten wir Masuren früh am Donnerstag verlassen. Gegen 9 Uhr waren wir schon in Allenstein und sahen uns auch dort eine Stunde um. Ohne Pause ging es danach weiter bis Graudenz , wo wir eine sehr schöne Caféhaus-Rast machten. Graudenz hat ein ganz eigentümliches und beeindruckendes Altstadtpanorama an der Weichsel!
Wehr- und Speicherpanorama von Graudenz - Foto Scheddin

Erst um Viertel vor 21 Uhr waren wir dann in Frankfurt/ Oder auf dem Bahnhof und um 22.30 mit dem Regio in Berlin.

Abendstimmung bei Sorquitten (aus dem Busfenster...)

Touristinformation im Raum Sensburg (Mragowo):
http://www.it.mragowo.pl/